Tagebuchschreiben für PatientInnen mit schlechter Prognose

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Intensivtagebücher mit Beispielen, Vorlagen und Newslettern gibt es nicht nur im Web auf intensivtagebuch.de und im UKSH, sondern jetzt auch auf Instagram – Danke an Kristin Gabriel für ihre exzellente Arbeit!

Unsere Webinare

Wir bieten eine Reihe von kostenlosen und öffentlichen Webinaren zum Thema „Intensivstation – und das Leben danach.“ an: Die Zeit nach der Intensivstation inklusive Tagebüchern, Kinder als Besuchende, das Update der Leitlinie zur Family Centered Care der SCCM, Erleben der Angehörigen und Vieles mehr!

Unser nächstes Webinar „Kinder als Besuchende auf Intensivstation? “
findet statt am Dienstag, den 27.06.2023, von 18.00 bis 19.30 Uhr

Und hier geht’s zur Registrierung!

Sind der Vater oder die Oma lebensbedrohlich erkrankt, ist das auch für Kinder ein hoch belastendes Erlebnis. Die erkrankte Bezugsperson auf der Intensivstation zu besuchen, kann hier eine wertvolle Erfahrung sein und das Kind bei der Verarbeitung unterstützen. Jedoch kann der Besuch selbst – unter bestimmten Umständen – eine zusätzliche Belastung für Kinder sein. Die Frage – Dürfen Kinder auf die Intensivstation? – wird daher oft kontrovers diskutiert.

Zu Gast sind diesmal Marina Ufelmann (München), Julia Hofbauer (Salzburg) sowie Maria Brauchle (Feldkirch) sowie B. Teigeler, T. Deffner, P. Nydahl und K. Gabriel.

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Studien zum Tagebuch

Tagebuchschreiben für PatientInnen mit schlechter Prognose

Das Schreiben von Tagebüchern scheint sehr einfach zu sein, wenn die PatientInnen genesen und gute Fortschritte machen. Es kann jedoch eine Herausforderung sein, wenn sich der Zustand der PatientInnen verschlechtert und sie eine schlechte Prognose haben. Högvall et al. (2023) aus Norwegen wollten die Erfahrungen von Pflegefachpersonen untersuchen, die Tagebücher für IntensivpatientInnen mit schlechter Prognose schreiben. An der qualitativen Studie nahmen 23 Pflegende aus drei Krankenhäusern teil, in denen das Schreiben von Tagebüchern gängige Praxis ist. Die Pflegenden nahmen an Fokusgruppen teil, und die Daten wurden mit Hilfe einer reflexiven thematischen Analyse ausgewertet. Die Ergebnisse zeigten ein übergreifendes Thema: „Die richtigen Worte finden". Die Pflegenden standen vor der Herausforderung, angesichts der Ungewissheit über das Überleben der PatientInnen und der unbekannten LeserInnen des Tagebuchs zu schreiben. In Anbetracht dieser Ungewissheit war es entscheidend, den richtigen Ton zu treffen. Als klar wurde, dass das Leben der PatientInnen nicht mehr zu retten war, verlagerte sich der Zweck des Tagebuchs darauf, der Familie Trost zu spenden. Das Verfassen eines besonderen und aussagekräftigen Tagebucheintrags, wenn PatientInnen im Sterben lagen, wurde von den Pflegenden als eine wichtige Tätigkeit angesehen. Einige Zitate der Pflegende lauteten:

„Es ist ein bisschen schwierig, weil man immer an PatientInnen schreibt, aber wenn es nicht gut läuft, kann es schwierig werden, die richtigen Worte zu finden, besonders wenn die Behandlung abgebrochen wird. Denn dann schreibt man eigentlich mehr an die Familie oder an die Hinterbliebenen. (...) Dann kann es schwierig sein, die richtigen Worte zu finden, ich meine (...) wer soll das denn lesen?"

„Ich sehe es (das Tagebuchschreiben) als einen Vorteil für alle PatientInnen, weil es etwas mit der Art und Weise zu tun hat, wie wir unsere PatientInnen betrachten, und wir sprechen viel darüber, dass man sich bewusst sein muss, wer die Person im Bett ist, und nicht nur „ein Fall“. Ich glaube, das Schreiben der Tagebücher hat uns geholfen, das zu erreichen.“

„Ich schrieb „Du siehst friedlich aus.“ und „Ich sehe, dass dein Gesicht entspannt ist.“, um den Hinterbliebenen irgendwie zu zeigen, dass der Patient nicht gelitten hat."

„Das ist auch eine Art Prozess für uns, zumindest wenn es eine schwierige Situation ist oder wirklich traurig. Dann denke ich, dass es mir vielleicht auch ein bisschen hilft."

„Und dann fassen wir es am Ende, nach dem Tod, zusammen, indem wir eine Art Epilog in das Tagebuch schreiben, in gewissem Sinne senden wir unsere Grüße an die Familie, (...) und danken ihnen für unsere gemeinsame Zeit hier (…)."

Die Studie kam zu dem Schluss, dass Tagebücher nicht nur dazu dienen können, den PatientInnen zu helfen, ihren Krankheitsverlauf zu verstehen. In Fällen, in denen die Prognose schlecht war, passten die Pflegenden ihr Schreiben an, um der Familie Trost zu spenden, anstatt sich auf die Information des PatientInnen zu konzentrieren. Das Schreiben von Tagebüchern war für die Pflegenden eine sinnvolle Praxis, insbesondere bei der Betreuung sterbender PatientInnen. Insgesamt hebt die Studie die komplexen Überlegungen und emotionalen Aspekte hervor, die mit dem Schreiben von Tagebüchern für schwerkranke PatientInnen mit schlechter Prognose verbunden sind, und unterstreicht, wie wichtig es ist, sowohl dem PatientInnen als auch seiner Familie in dieser schwierigen Zeit Trost und Unterstützung zu bieten.

Högvall LM, Egerod I, Herling SF, Rustøen T, Berntzen H. Finding the right words: A focus group investigation of nurses' experiences of writing diaries for intensive care patients with a poor prognosis. Aust Crit Care. 2023 Mar 16: S1036-7314(23)00029-2. doi: 10.1016/j.aucc.2023.02.002.

Durchführbarkeit und Akzeptanz von pädiatrischen Intensivtagebüchern

López-Fernández et al (2023) aus Spanien haben eine Pilotstudie auf einer pädiatrischen Intensivstation durchgeführt, um die Durchführbarkeit und Akzeptanz von Intensivtagebüchern als Instrument gegen das Post-Intensivpflege-Syndrom (PICS) zu erforschen. PICS bezieht sich auf die Entwicklung von posttraumatischen Stresssymptomen, Angstzuständen und Depressionen von IntensivpatientInnen. Im Rahmen der Studie wurden 24 Familien von pädiatrischen PatientInnen mit Tagebüchern aus der Intensivstation versorgt, die hauptsächlich von Eltern und medizinischem Fachpersonal geschrieben wurden. Das mittlere Alter der Kinder betrug 1,3 Monate (0,26-15 Monate). Die Einträge wurden hauptsächlich von den Eltern (114/182 Einträge) und dem Personal (57/182) verfasst. Nach der Entlassung wurden die Familien gebeten, einen Fragebogen zur Zufriedenheit auszufüllen. Vierzehn der 24 TeilnehmerInnen beantworteten den Fragebogen und gaben an, dass alle Familien das Tagebuch gelesen hatten, wobei die meisten von ihnen es zwischen 5 und 10 Mal gelesen hatten. Das Tagebuch wurde mit 3,7 Punkten (auf einer Skala von 1 bis 4) für seine Nützlichkeit bei der Einbeziehung der Familie in die Patientenversorgung bewertet. Dreizehn der 14 Befragten gaben an, dass das Tagebuch ihnen half, die Erfahrungen auf der PICU mit anderen Familienmitgliedern zu besprechen. Einige Zitate der Eltern lauteten:

„Es ist eine schöne Art, sich an alles, was ich mit meiner Tochter erlebt habe, klar zu erinnern, und zu der Zeit, als ich es schrieb, half es, den Stress ein wenig abzubauen.

„Heute können meine älteren Kinder das Tagebuch lesen und haben eine Vorstellung davon, was mit ihrer neugeborenen Schwester geschah.“

„Es hilft, den Kopf frei zu bekommen, wenn man über das Erlebte schreibt. Später hat man gute Erinnerungen an die Tage, die man dort verbracht hat – so traumatisch, aber so notwendig.“

Die Studie deutet darauf hin, dass auf pädiatrische PatientInnen zugeschnittene Tagebücher für die Intensivstation von den Familien gut angenommen werden und durch die Verbesserung der innerfamiliären Kommunikation zur Prävention und Bewältigung von PICS beitragen können. Es sind jedoch weitere Forschungsarbeiten erforderlich, um die Auswirkungen von Intensivtagebüchern auf die Häufigkeit von PICS zu bewerten.

López-Fernández E, Oviedo-Melgares L, Ordoñez-Sáez O, Belda-Hofheinz S, Ramos-Casado MV. Feasibility and acceptance of ICU diaries adapted to paediatric patients. A new tool against family post-intensive care syndrome? An Pediatr (Engl Ed). 2023 Apr; 98(4): 308-310.

Konzeptualisierung von PICU-Tagebüchern

Tabea Wilmeroth, die die folgende Studie durchgeführt hat, schrieb diese Zusammenfassung für den Newsletter. Wir sind sehr dankbar, Tabea, und gratulieren Dir zu dieser wunderbaren Veröffentlichung!

Zielsetzung: Die Geburt eines frühgeborenen oder schwerkranken Neugeborenen kann für die gesamte Familie ein traumatisches Ereignis sein. Intensivpflegetagebücher haben sich als wertvolles Instrument erwiesen, um Familienmitgliedern bei der Bewältigung ihrer Erfahrungen zu helfen. Dennoch gibt es kein theoretisches Konzept für den Einsatz von Intensivtagebüchern in der Neonatologie. Ziel dieser Studie war es daher, zu untersuchen,

  1. wie Pflegende das Intensivtagebuch in der klinischen Praxis einsetzen und

  2. auf welche Weise das Tagebuch Angehörige bei der Bewältigung ihrer Erlebnisse unterstützt. Auf der Grundlage dieser Daten und unter Berücksichtigung der aktuellen Literatur sollte auch ein Rahmen für die Konzeptualisierung von Tagebüchern auf der neonatologischen Intensivstation (NICU) entwickelt werden.

Methode: Mit Hilfe eines qualitativen Forschungsdesigns wurden 12 Einzelinterviews mit Pflegekräften und zwei Gruppeninterviews mit 9 Eltern durchgeführt und ausgewertet.

Ergebnisse: Im Gegensatz zu Tagebüchern auf der Intensivstation ist die Verwendung von Tagebüchern auf der Neugeborenenintensivstation sehr unterschiedlich. In der pflegerischen Praxis gibt es je nach Beteiligung des Pflegepersonals am Tagebuchschreiben drei verschiedene Varianten:

  1. das Pflegepersonal schreibt das Tagebuch für den gesamten Aufenthalt des Kindes auf der Neugeborenen-Intensivstation, und die Eltern können sich daran beteiligen,

  2. die Eltern können entscheiden, ob sich das Pflegepersonal am Tagebuchschreiben beteiligen soll oder nicht, nachdem sie es initiiert haben, oder

  3. das Pflegepersonal initiiert das Tagebuch und übergibt es den Eltern, die dann für das Tagebuchschreiben verantwortlich sind.

Manchmal führen die Pflegekräfte das Tagebuch als Erinnerungshilfe ein, manchmal als Bewältigungshilfe für die Eltern. Ob das Tagebuch von den Pflegekräften gelesen wird, ist unterschiedlich und hat sich als ein sehr sensibles Thema erwiesen. In Bezug auf die zweite Frage zeigte sich, dass das Tagebuch den elterlichen Bewältigungsprozess unterstützt, indem es

  1. die elterliche Rollenidentifikation stärkt,

  2. die Ereignisse auf der Neugeborenen-Intensivstation erklärt und ihre Bedeutung einordnet und

  3. einen farbigen Kontrapunkt zur technischen Umgebung der Neugeborenen-Intensivstation darstellt.

Die Konzeptualisierung des Tagebuchs konzentrierte sich auf die Aspekte des Tagebuchschreibens und -lesens sowie auf die Kommunikation zwischen Krankenschwestern und Eltern über die Verwendung des Tagebuchs. Es gibt einschlägige Literatur, die zu einer reflexiven und theoriegestützten Nutzung des Tagebuchs auf der Neugeborenenintensivstation führen kann. Das Pflegepersonal kann daraus ableiten, welche Inhalte für die Eltern hilfreich sein könnten und was sie beim Lesen der elterlichen Tagebucheinträge beachten sollten. Für die Eltern bietet das Konzept Klarheit über die Funktion des Tagebuchs.

Schlussfolgerung: NICU-Tagebücher sind ein flexibles Instrument, um Eltern bei der Bewältigung der Frühgeburtlichkeit und/oder kritischen Erkrankung ihres Kindes während des NICU-Aufenthalts zu unterstützen. Eingebettet in ein theoretisches Konzept kann das Ziel der Tagebuchnutzung verdeutlicht werden und Klarheit für alle Beteiligten schaffen.

Vielen Dank, Tabea, und herzliche Glückwünsche zu dieser tollen Arbeit!

Willmeroth T. Nurses' and Parents' View on Neonatal Intensive Care Unit Diaries: A Qualitative Study and Framework Conceptualization. Am J Perinatol. 2023 May 19. doi: 10.1055/s-0043-1768959.

Intensivtagebücher und Lebensqualität

Die Verwendung von Intensivtagebüchern ist für überlebende IntensivpatientInnen im Hinblick auf PTBS von Vorteil, aber die Auswirkungen von Tagebüchern auf die Lebensqualität sind nicht gut erforscht. Hu et al. (2023) führten eine systematische Übersichtsarbeit und eine Metaanalyse durch, die darauf abzielte, die Auswirkungen von Intensivtagebüchern auf die Lebensqualität (QoL) von Überlebenden der Intensivstation und ihren Angehörigen zu bewerten. Die Forscher:innen führten eine umfassende Suche in verschiedenen Online-Datenbanken durch und bewerteten die methodische Qualität der eingeschlossenen Studien mithilfe etablierter Instrumente. Die Überprüfung ergab 7 Studien von moderater Qualität mit 761 PatientInnen; 5 Studien verwendeten den SF-36, 2 den QLSBC. Die Ergebnisse zeigten, dass Intensivtagebücher einen positiven Effekt auf die Lebensqualität von Überlebenden der Intensivstation hatten, mit einer standardisierten mittleren Differenz (SMD) von 0,79 (95%CI 0,24 bis 1,34). Die Effektgröße war gegeben, aber sehr gering. Bei Angehörigen konnte kein signifikanter Nutzen nachgewiesen werden. Zusammenfassend lässt diese Metaanalyse den Schluss zu, dass die Verwendung von Intensivtagebüchern die Lebensqualität von Überlebenden einer Intensivstation verbessern kann. Die ForscherInnen weisen darauf hin, dass die in der Studie zusammengefasste Evidenz begrenzt ist und einer Verzerrung unterliegt, was auf die Notwendigkeit weiterer Forschung zur Validierung dieser Ergebnisse hinweist.

Hu D, Ji X, Li Y, Liang Y, Chen J. Effect of intensive care unit diary on quality of life of intensive care unit survivors and their relatives: A systematic review and meta-analysis. Nurs Open. 2023 May 31. doi: 10.1002/nop2.1819.

Angrenzende Studien

Nachsorge-Interventionen

Das Interesse an der ambulanten Nachbetreuung nach der Intensivstation und deren Auswirkungen auf die Rekrutierung und Bindung von TeilnehmerInnen wächst. Eine systematische Recherche mit 47 Studien mit 5.998 TeilnehmerInnen ergab, dass krankenhausbasierte Interventionen das am häufigsten berichtete Modell waren. Allerdings wiesen Interventionen ohne persönliche Anwesenheit höhere Raten bei der Rekrutierung, der Durchführung der Intervention und der Teilnehmerbindung auf. Das am häufigsten berichtete Betreuungsmodell waren krankenhausbasierte Interventionen mit persönlicher Anwesenheit, gefolgt von hybriden Interventionen, die krankenhausinterne und entfernte Komponenten kombinierten. Nur wenige Studien befassten sich mit Interventionen ohne Krankenhausaufenthalt, wie z. B. Telemedizin und Tagebücher. Die Rekrutierungs-, Interventions- und Beibehaltungsraten variierten zwischen den verschiedenen Versorgungsmodellen. Bei krankenhausbasierten Interventionen lagen die durchschnittlichen Rekrutierungsraten bei 51,5 % (zwischen 24 % und 94 %), die Interventionsdurchführungsraten bei 61,9 % (zwischen 8 % und 100 %) und die Haltequoten bei 52 % (zwischen 8,1 % und 82 %). Im Gegensatz dazu wiesen Interventionen ohne Krankenhausaufenthalt höhere Raten auf: Rekrutierungsraten von 82,6 % (zwischen 60 % und 100 %), Interventionsdurchführungsraten von 68,5 % (zwischen 59 % und 89 %) und Bindungsraten von 75 % (zwischen 54 % und 100 %). Zu den Faktoren, die die Teilnahme erleichterten, gehörten der wahrgenommene Wert der Nachsorge, die Kontinuität der Betreuung, die Zugänglichkeit und Flexibilität der Maßnahmen sowie gut konzipierte Nachsorgeprogramme. Die Studie legt nahe, dass alternative Ansätze für die ambulante Nachsorge auf der Intensivstation in Betracht gezogen werden sollten, um die Patientenbindung zu optimieren und die Ergebnisse zu verbessern.

Dimopoulos S, Leggett NE, Deane AM, Haines KJ, Abdelhamid YA. Models of intensive care unit follow-up care and feasibility of intervention delivery: A systematic review. Aust Crit Care. 2023 May 30: S1036-7314(23)00060-7.

Im Test: ChatGPT?

Dies ist keine Zusammenfassung einer Studie, sondern ein Test von uns. Künstliche Intelligenz wird zurzeit intensiv diskutiert und erste Konzepte für patientenzentrierte, KI-entwickelte Interventionen werden veröffentlicht. Ist es machbar, ChatGPT zu bitten, einen Tagebucheintrag für IntensivpatientInnen zu schreiben? Wir haben einen Test mit ChatGPT gemacht, hier ist das Ergebnis:

Frage an ChatGPT

Guten Morgen, ChatGPT. Bitte schreiben einen kurzen Eintrag für das Intensivtagebuch von Herrn Meier, der wegen eines Unfalls auf einer Intensivstation liegt, künstlich beatmet wird, ein Delirium hat und in der letzten Nacht gut geschlafen hat

Anwort von ChatGPT

Intensivstationstagebuch – Herr Meier
Datum: [Aktuelles Datum]

Sehr geehrter Herr Meier,

ich wollte Ihnen einen kurzen Bericht über Ihre Fortschritte auf der Intensivstation geben.

Sie hatten einen erholsamen Schlaf, obwohl Sie künstlich beatmet wurden. Das medizinische Team hat mit einer angemessenen Sedierung für Ihr Wohlbefinden gesorgt. Wir behandeln weiterhin das Delirium, das Sie erlitten haben. Das medizinische Personal wendet Strategien an, um Ihre Verwirrung und Desorientierung zu lindern, z. B. Neuorientierung und Aufrechterhaltung einer ruhigen Umgebung.

Das medizinische Fachpersonal auf der Intensivstation ist bestrebt, Ihre Bedürfnisse zu erfüllen und Ihre Fortschritte genau zu überwachen. Die regelmäßigen Besuche Ihrer Familie geben Ihnen Liebe und Ermutigung, was für Ihren Heilungsprozess von entscheidender Bedeutung ist.

Ihr Durchhaltevermögen ist bemerkenswert, Herr Meier. Das Ärzteteam hofft auf bessere Tage und wird Sie auf Ihrem Weg zur Genesung unterstützen.

Wir wünschen Ihnen Kraft und Fortschritte.

Mit Hoffnung,

[Ihr Name]

– Ende der Antwort –

Nun, das ist überraschend, und auch nicht. KI und Chatbots sind für diesen Zweck programmiert, und die Antwort von ChatGPT liest sich auf den ersten Blick flüssig und angemessen. Das Schreiben der Frage dauerte 30 Sekunden, die Antwort dauerte weniger als 5 Sekunden; insgesamt viel kürzer als ein echter Eintrag, der von einer Pflegenden geschrieben wird. Man kann mit Kopieren und Einfügen in ein digitales Tagebuch arbeiten und dann einfach weiterarbeiten. Die Verwendung von ChatGPT könnte Zeit und Arbeit sparen. Der Eintrag liest sich persönlich, enthält aber keine spezifischen Details über besondere Ereignisse, Interaktion oder Kommunikation mit Herrn Meier. Mit mehr Informationen und Training, z.B. einigen Schlüsselwörtern in der Frage, könnte dies jedoch möglich sein. Es wäre denkbar, die KI so zu trainieren, dass sie sich auf die Kommunikationszeichen des Patienten konzentriert (Sie haben die Augen geöffnet, als ich mit Ihnen gesprochen habe), reflektierende Fragen einbezieht (Ich frage mich, wovon Sie geträumt haben?) oder Botschaften der Familie (Ihre Kinder haben Ihnen ein Geburtstagslied gesungen). KI könnte diese Aspekte berücksichtigen und sehr nahe an realen Einträgen sein. Ist dies eine machbare, wertvolle und sinnvolle Option für uns?

  1. wird es nicht von Menschen geschrieben. Es wäre eine Lüge, den Eintrag mit dem eigenen Namen zu unterschreiben. Daher ist es fraglich, ob PatientInnen und Angehörige KI-geschriebene Tagebücher akzeptieren würden (wir vermuten nicht).

  2. wird das Tagebuch nicht für und an PatientInnen geschrieben und hat möglicherweise nicht die therapeutische Wirkung wie echte Tagebücher.

  3. ist es nicht mit unserer Ethik zu vertretbar, einen persönlichen Ansatz zu verfolgen;

  4. fehlt der Unterschied zwischen einzelnen Tagebuchschreibenden und dem Teamansatz; wahrscheinlich werden sich die Einträge von ChatGPT alle sehr ähnlich lesen;

  5. ist es nur möglich, in digitalen Tagebüchern zu kopieren und einzufügen; und PatientInnen und Familien bevorzugen immer noch handgeschriebene Tagebücher.

Es könnte noch mehr Argumente für und gegen den Einsatz von KI in Intensivtagebüchern geben, und die Diskussion steht erst am Anfang. Wir müssen uns der Entwicklungen, Verlockungen und Grenzen bewusst sein und diese transparent diskutieren.

Umsetzung von Familienintegration bei Pflegetätigkeiten – Perspektiven von Patienten, Angehörigen und Personal von Intensivstationen

Trotz zahlreicher Publikationen ist die Umsetzung von Familienintegration auf unseren Intensivstationen noch sehr heterogen. Dies betrifft auch die Integration Angehöriger in die Pflege des Patienten. In einem integrativen Review bringen Dijkstra und Kollegen (2023) die Perspektiven von PatientInnen, Angehörigen und Personal bezüglich der Integration Angehöriger in die Pflege zusammen, was die Publikation besonders wertvoll für die Praxis macht. Angehörige äußern spezifische Bedürfnisse bezogen auf die Integration: Sie möchten gern für den Patienten hilfreich sein, was aber nicht für alle Angehörigen bedeutet sich in die Pflege einbringen zu wollen. Angehörige fühlen sich unsicher, ob sie dem Personal Mehraufwand verursachen oder ob sie den PatientInnen berühren dürfen. Sich in die Pflege einbringen zu können, hilft vielen Angehörigen sich besser zu fühlen und gibt ihnen ein Gefühl von Kontrolle. Die teilweise von den Angehörigen als positiv empfundenen Aspekte der Familienintegration werden vom Personal mitunter kritisch bewertet, da sich Familienintegration auch auf die Gestaltung ihrer Arbeit auswirkt und z.B. dazu führt Arbeitsprozesse weniger selbst kontrollieren zu können.

Bezogen auf konkrete Beteiligung bei bestimmten Pflegeaktivitäten zeigt die Studie eindeutig, dass keine Tätigkeit allgemeingültig empfohlen werden kann. Vielmehr müssen die Präferenzen individuell mit den Angehörigen besprochen werden. Die Studie gibt hier einen schönen Überblick über Beispiele in welchen Bereichen Angehörige in die Pflege integriert werden können.

Dijkstra BM, Felten-Barentsz KM, van der Valk MJM, Pelgrim T, van der Hoeven HG, Schoonhoven L, Ebben RHA, Vloet LCM. Family participation in essential care activities: Needs, perceptions, preferences, and capacities of intensive care unit patients, relatives, and healthcare providers-An integrative review. Aust Crit Care. 2023 May; 36(3):401-419. doi: 10.1016/j.aucc.2022.02.003.

Familienintegration – Wünsche von PatientInnen und Angehörigen

In einer Interviewstudie untersuchten Bohart et al. (2023) ehemalige PatientInnen, die intensivmedizinisch behandelt wurden und deren Angehörige. Sie wurden nach ihren Wünschen hinsichtlich der Familienintegration befragt. Dabei kristallisierten sich drei Themen heraus, die den ehemaligen Angehörigen, aber auch den ehemaligen PatientInnen besonders wichtig waren.

  1. In ständigem Dialog mit dem Behandlungsteam sein zu wollen;

  2. Humanisierung der gesamten Situation. Angehörigen ist es besonders wichtig, dass der Patient/die Patientin als Person gesehen wird und Aktivitäten unterstützt werden, die das zum Ausdruck bringen (z.B. durch individualisierte Pflege);

  3. Die Angehörigen darin stärken während der Behandlung gut für PatientInnen da sein zu können. Hierunter verstanden Angehörige zum Beispiel die Möglichkeit anwesend sein können, aber auch Informationen und Empfehlungen wie Angehörige mit den PatientInnen umgehen können. Die qualitative Arbeit bestätigt damit wichtige Ansätze der family centered care. Einschränkend muss zu dieser Studie gesagt werden, dass die Daten während der Pandemie erhoben wurden und daher Restriktionen auf den Intensivstationen galten, die sich auf die Rückmeldung der Angehörigen und PatientInnen ausgewirkt haben könnten.

Bohart S, Lamprecht C, Andreasen AS, Waldau T, Møller AM, Thomsen T. Perspectives and wishes for patient and family centred care as expressed by adult intensive care survivors and family-members: A qualitative interview study. Intensive Crit Care Nurs. 2023 Apr;75: 103346. doi: 10.1016/j.iccn.2022.103346.

Verfasst von:

Dr. Peter Nydahl, RN BScN MScN, Pflegeforschung; Klinik für Anästhesie und operative Intensivmedizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Kiel

Dr. Teresa Deffner, Dipl.-Rehapsych. (FH), Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Universitätsklinikum Jena

Kristin Gabriel, Dipl. Medienwirtin, BA Kunsthistorikerin, Yogalehrerin, Berlin

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Auswirkungen von Intensivtagebüchern auf PatientInnen und Familien

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Ein Erfahrungsbericht. Monique hat von dem Intensivtagebuch schon zweimal profitiert