Für PatientInnen: Es kann dauern, bis Sie sich erholt haben. Folgendes kann Ihnen dabei helfen

Nach der Intensivstation

intensivtagebuch-patientinnen-nach-intensivstation

Nachdem Sie kritisch krank gewesen sind, kann es Monate dauern, bis Sie sich wieder vollständig erholt haben. Es kann Sie sehr missmutig stimmen, wenn Sie sich schwach fühlen und mit sehr viel Mühe einfache Dinge erledigen (sich anzuziehen oder nur herumzulaufen). Wenn Sie insbesondere zu Beginn die Hilfe von vielen Menschen benötigen, kann Sie das Gefühl überkommen, Ihre Unabhängigkeit verloren zu haben. Ihre Stimmung kann sehr schwankend sein und vielleicht erleben Sie Folgendes:

  • Sie fühlen sich aufgelöst und weinerlich

  • Sie fühlen sich ständig müde

  • Sie sind unfähig, ausreichend zu schlafen

  • Sie vernachlässigen Ihr Äußeres

  • Sie sind aufbrausend und bissig

  • Sie fühlen sich schuldig, so viel Aufwand und Sorgen zu verursachen

  • Sie sind vergesslich

  • Sie haben keinen Appetit

  • Sie haben keine Vorstellung davon, was passiert ist und wie krank Sie wirklich waren

  • Sie sind erschrocken, dass Sie fast gestorben sind

  • Sie sind ängstlich, dass Sie erneut krank werden könnten

  • Sie sind besorgt, wie lange es dauert, bis Sie genesen sind

Sprechen Sie über Ihre Gefühle

Ihre Familie und Ihr Umfeld werden froh sein, Sie wieder zuhause zu haben. Sie können vielleicht nicht so recht verstehen, weshalb Sie traurig sind. Sprechen Sie mit Ihnen über Ihre Gefühle. Konsultieren Sie auch Ihre/n HausärztIn – er/sie kann Ihnen eine Therapie anbieten, um diese schwere Zeit zu überstehen.

Wenn Sie sich erholt haben und aktiver werden, stellen sich Ihnen immer neue Herausforderungen. Es kann Ihnen ein Gefühl von Angst geben – bleiben Sie auf jeden Fall ruhig und atmen Sie tief durch.

Wenn Sie die Intensivstation verlassen haben, kann es sein, dass Sie einige psychologische Probleme erfahren. Manchmal können diese Symptome durch bestimmte Geräusche, Düfte oder etwas, das Sie sehen, hervorgerufen werden. Bitte suchen Sie Ihre/n ÄrztIn auf, wenn es Sie sehr stark belastet.

Psychologische Probleme, die nach einem Aufenthalt auf der Intensivstation auftreten können, sind:

  • Lebhafte Träume

  • Albträume

  • Flashbacks

    (plötzliches Erinnern einer vergangenen Erfahrung in lebhaften Details)

  • Halluzinationen

  • Angst

  • Verlust von Selbstvertrauen

intensivtagebuch-patientinnen-gefuehle

Was jetzt besonders wichtig für Sie ist

Sie benötigen ausreichend Schlaf

Sie benötigen regelmäßigen und erholsamen Schlaf, um Ihren Körper gesund zu halten. Es kann eine Weile dauern, bis Sie wieder in Ihren normalen, gewohnten Schlafrhythmus zurückfinden. Vielleicht schlafen Sie schlecht ein oder Sie wachen öfter in der Nacht auf. Wenn Sie Schlafprobleme haben, versuchen Sie abends Kaffee oder Tee zu vermeiden, da das Koffein Sie am schlafen hindern kann. Lesen Sie etwas oder hören Sie Radio, das kann Ihnen unter Umständen auch helfen einzuschlafen. Ihr/e HausärztIn kann Ihnen bei Schlafstörungen auch weiterhelfen und sobald Sie wieder aktiver werden, sollte sich dieses Problem auch wieder normalisieren.

Verstehen, was Ihnen passiert ist

Jeder Mensch erlebt seinen Aufenthalt auf der Intensivstation anders – vielleicht auch nicht so beängstigend wie bei einem „normalen“ Krankenhausaufenthalt. Warum? Einige haben keine konkrete Erinnerung oder versuchen die Zeit zu vergessen. Für andere wiederum kann es eine sehr traumatische Erfahrung sein und es kann einige Zeit dauern, bis Sie mit dieser Erfahrung zurechtkommen. Die starken Medikamente wie auch die Behandlung, die das Personal der Intensivstation durchführen muss, um Sie zu unterstützen, haben Einfluss auf Ihren Körper und Ihren Geist. Es ist nicht ungewöhnlich, dass PatientInnen auf der Intensivstation Halluzinationen, Albträume oder Träume erleben, die für sie real erscheinen und sie auch ängstigen können. Manchmal hatten Sie vielleicht auch das Gefühl gehabt, wach zu sein, aber Sie wussten nicht, wo Sie sind oder was gerade passiert ist.

Halluzinationen und wahnhaftes Erleben

Es ist ganz normal, dass PatientInnen auf der Intensivstation Halluzinationen und/oder Albträume erleben. Sie haben vielleicht geträumt, dass Sie gequält wurden, im Bett gefangen waren oder eingesperrt waren. Dies war vielleicht, weil man Ihnen Katheter eingelegt hat, die Ihre lebenswichtigen Funktionen unterstützt haben oder um ihren Zustand zu überwachen. Diese Furcht kann einige Wochen anhalten, auch nachdem Sie aus dem Krankenhaus entlassen wurden.

Eventuell haben Sie auch wahnhafte Gedanken gehabt, um den Erlebnissen, die Sie in Zeiten von Verwirrung gehabt haben,  einen Sinn zu geben. Auch das geht normalerweise nach einiger Zeit vorbei. Wenn Sie aber deshalb Angst haben, einen Krankenhaustermin wahrzunehmen, so nehmen Sie eine Person ihres Vertrauens mit zu diesem Termin. In vielen Fällen kommt es bei PatientInnen und deren Angehörigen nach deren Aufenthalt auf der Intensivstation zu sehr starken Symptomen von Stress. Dies wird Post-Traumatische Belastungsstörung (PTBS) genannt. Die meisten PatientInnen und/oder Angehörigen, die an einer PTBS leiden, erfahren Hilfe, indem Sie sich an eine professionelle Beratungsstelle wenden. Fragen Sie Ihre/n HausärztIn, der/die Sie an eine entsprechende Stelle verweisen kann.

Dinge, die Ihnen über das Erlebte hinweghelfen können

Nachdem Sie das Krankenhaus verlassen haben, können noch Fragen über Ihren Aufenthalt auf der Intensivstation auftreten. Einige, wenige Krankenhäuser bieten eine Nachsorge an. Das beinhaltet üblicherweise eine Einladung auf die Intensivstation, um sich das Umfeld anzuschauen, einige der MitarbeiterInnen wiederzutreffen und auch offene Fragen zu beantworten. Der Gedanke, zurück auf die Intensivstation zu gehen, kann in Ihnen Furcht auslösen und vielleicht brauchen Sie eine Weile, bis Sie bereit zu diesem Schritt sind. Doch nutzen Sie ihn! Es kann sehr hilfreich für die Verarbeitung sein, sich anzuschauen, wo man gewesen ist und was genau mit einem passierte.

Sie werden sich nicht an alles erinnern können, was auf der Intensivstation geschah. Ihre Erinnerungen aufzuschreiben kann Ihnen helfen, sich an mehr zu erinnern und Ihre Gedanken(-fetzen) zu ordnen. Sie können versuchen, sich an irgendetwas von jedem Tag zu erinnern, den Sie im Krankenhaus verbracht haben, um der Zeit, die Sie verloren haben, einen Sinn zu geben. Es mag hilfreich sein, Ihre FreundInnen und Verwandte zu fragen, an was sie sich erinnern. Wenn Ihre Verwandten oder BesucherInnen ein Tagebuch geführt haben, so kann das Lesen darin Ihnen helfen besser zu verstehen, was mit Ihnen passiert ist.

Es kann eine Weile dauern, bis Sie sich dazu bereit fühlen, das Tagebuch zu lesen, und es kann sehr emotional sein. Jedoch empfinden es viele PatientInnen, die das Tagebuch gelesen haben, als sehr hilfreich, das Geschehene zu verstehen. Wenn es Ihnen hilft, dann versuchen Sie die medizinische Seite Ihrer Behandlung zu verstehen. Das Personal der Intensivstation oder auch Ihr/e HausärztIn kann Ihnen dabei behilflich sein. Passen Sie auf sich auf!

Pascal, ein ehemaliger Patient, gewährt uns Einblicke

Pascal mit seiner Partnerin. Bildrechte: Sibylle Kölmel

Pascal bei Modellmalerei. Bildrechte: Sibylle Kölmel